Stochblog

Allerhand auf dem Erbholz

Es ist schon erstaunlich: Wenn es in Berlin darum geht, dass der Staat strukturell mehr Geld braucht, hören wir aus der konservativen Ecke seit Jahren die immergleichen Töne: Sozialleistungen abbauen! Länger arbeiten! Mehr arbeiten! Feiertage streichen! Tätäää! Trotz dieses Lärms hat man jetzt mal kurz die Vokabel „Erbschaftssteuer“ gehört – und schon werde sogar ich gefragt, wie ich den „Streit um die Erbschaftssteuer“ sehe. Da gibt es übrigens keinen Streit – nur ein paar Fakten.

In fast keinem anderen Land in Europa ist das Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Das sage nicht ich, sondern das sagen alle Statistiken. Dabei wird das wahre Ausmaß dieser Ungleichheit in vielen Statistiken wohl noch massiv unterschätzt.

Bekannt ist die Formel, dass die wohlhabendsten zehn Prozent der Haushalte zusammen etwa 60 Prozent des privaten Gesamtvermögens in Deutschland besitzen. Schon das klingt irgendwie verzerrt, aber das wahre Ausmaß der Ungleichheit ist womöglich noch viel höher. Gerade hohe und sehr hohe Vermögen werden in Statistiken oft untererfasst. Amtliche Daten zum Vermögen von Superreichen fehlen (da keine Vermögenssteuer mehr erhoben wird), also arbeiten die Statistiker oft mit den Ergebnissen freiwilliger Umfragen – an denen sich Milliardäre nicht beteiligen.

Es gibt Berechnungen, die zum Beispiel Vermögensschätzungen aus der Forbes-Liste einbeziehen. Bei denen kommt dann heraus, dass womöglich allein das reichste Prozent der Haushalte ein Drittel des gesamten deutschen Privatvermögens besitzt.

Davon rede ich, wenn ich über deutlich höhere Erbschaftssteuern rede. Es geht nicht um das Haus, dass man von Oma erbt, sondern es geht um Superreiche, die derartige viel Geld geerbt haben, dass ihr Vermögen allein durch Zinsen um hunderttausende Euro pro Tag wächst. Ich rede von Menschen, die unsagbar reich sind und auch unsagbar reich bleiben würden, wenn sie angemessene Steuern zahlten – was sie angesichts anderer Möglichkeiten aber erwiesenermaßen kaum tun. Wenn die vorhin genannte Statistik stimmt, ist ein Drittel des gesamten deutschen Privatvermögens quasi steuerfrei. Allerdings nicht für alle, sondern nur für die ganz besonders Reichen.

Keinen dieser Millionen- und Milliardenerben würde es ruinieren, wenn sie höhere Steuern bezahlen müssten. Und es wäre auch nicht ungerecht, denn selbst bei deutlich höheren Erbschaftssteuern hätten die Superreichen immer noch eine deutlich niedrigere Steuerlast als der Durchschnittshaushalt.

Es ist richtig, dass wir in dieser Krise auch Kredite aufnehmen. Es ist aber genauso richtig, dass wir mittelfristig eine nachhaltigere Finanzierung brauchen. Dafür werden wir uns allen hier und da auch etwas zumuten müssen. Ich sehe nicht ein, dass wir dabei die auslassen sollen, die dieses Land zu Milliardärinnen und Milliardären gemacht hat.