Stochblog

Verboten

Als ich Jura studierte, wurde an meiner Uni statistisch jedes zweite Fahrrad geklaut. Aber niemand musste Jura studieren, um zu begreifen: Auch, wenn Fahrraddiebstahl noch so oft vorkam, blieb er eine Straftat. Und verboten.

Ich sage das deswegen, weil ich immer wieder höre, man könne eine Partei wie die AfD gar nicht verbieten, da stünden laut Umfragen doch so viele Leute dahinter. Ja, das mag leider sogar sein, und in manchen Gegenden im Osten ist es bald die Hälfte. Aber in Berlin fahren auch wahnsinnig viele Leute schwarz, und an meiner Uni wurde jedes zweite Fahrrad geklaut. Das spielt vor dem Gesetz keine Rolle.

Dazu muss man vielleicht mal klarstellen: Verboten wird eine Partei nicht, weil sie anderen Parteien nicht passt. Sie wird verboten, wenn sie verfassungsfeindlich ist. Und darüber wird nicht abgestimmt in unserem Land. Ob eine Partei verfassungsfeindlich ist, prüft der Verfassungsschutz, der eigens für so etwas da ist. Und ob eine Partei verboten wird, entscheiden am Ende Gerichte. Bundestag und Bundesrat können das beantragen, mehr aber auch nicht.

Ganz viele aktuelle Appelle aus der Politik sind also vielleicht gut gemeint, sollten aber nicht den Anschein erwecken, ein Parteiverbot sei nur eine Frage des politischen Willens. Das sei auch denen gesagt, die die Gewaltenteilung nicht verstanden haben und meinen, die „anderen Parteien“ betrieben ein Verbotsverfahren. Das KÖNNEN die „anderen Parteien“ gar nicht.

Auch andere Argumente sind rechtlich Mumpitz: „Die AfD darf man nicht verbieten, sonst geht das Potenzial vielleicht in eine andere extreme Partei.“ Nochmal: Es geht da, wenn dann, nicht um politische Strategie, sondern um die Verfassung und ein Gerichtsurteil. Es geht um Recht und Gesetz. Jeder weiß, wie bekloppt es wäre, den Fahrraddiebstahl zu legalisieren, weil so ein Langfinger von Natur aus ja schließlich irgendwas klauen muss. In der Politik ist diese Idee auch nicht klüger.

Was kann die Politik tun? Das ist einfach, auch wenn es nicht leicht ist: So lange es eine Partei wie die AfD gibt, müssen wir politisch gegen sie ankämpfen. Und wir tun das nicht allein: Überall in Deutschland gehen Menschen gegen die Rechtsextremen auf die Straße. Und ich freue mich, dass wir in Baden-Württemberg ein Bündnis für Demokratie und Menschenrechte aus der Taufe gehoben haben, dem über 70 Organisationen aus der gesamten Zivilgesellschaft angehören – Gewerkschaften und Wirtschaftsorganisationen, Kirchen und Glaubensgemeinschaften, Vereine und Verbände und alle großen demokratischen Parteien.

Wir müssen der AfD etwas entgegnen. Gegen ihr rechtsextremes Gedankengut, gegen ihr Ziel der Spaltung der Gesellschaft. Aber auch gegen ihre hohlen Phrasen und ihre Scheinlösungen, gegen die dümmliche Idee, man könne einfach in der Zeit zurückreisen. Gegen die wirre Vorstellung, Probleme wie der Klimawandel würden verschwinden, wenn man sie einfach leugnet. Auch gegen die Ablehnung eines Sozialstaats, denn ärmere Leute hätten bei der AfD nichts zu lachen. Und das gilt auch für ärmere Deutsche.

Die AfD ist weit genug gegangen, um vielleicht verboten zu werden. Doch auch ohne Verbot verbietet es sich, die AfD zu wählen. Sie bietet keine Alternative, sondern nur Abgründe.

Und da haben wir zu tun.

 

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