Stochblog

PoPULLismus

Es gibt Wahrheiten, die man als Sozialdemokrat nicht gerne sagt. Aber es ist nun einmal so, dass wir ein Problem mit der Migration haben.

Die Rückmeldungen aus den Städten und Gemeinden sind eindeutig, und sie kommen aus allen Himmelsrichtungen. Die Möglichkeiten sind ausgereizt, die Kapazitäten sind vielerorts erschöpft und viele Helferinnen und Helfer auch. Und gleichzeitig verwischt das überforderte System alle Grenzen zwischen Recht und Unrecht. Allein in Baden-Württemberg halten sich zigtausende Ausreisepflichtige auf. Sie reisen aber nicht aus.

Populismus hilft in dieser Lage gar nichts. Aber so vielen Leuten aus der Politik fällt mal wieder nichts anderes ein. Nicht nur Bierzeltreden, sondern ganze Papiere, die jedes Verfassungsgericht sofort zusammenfalten würde. Das Schema ist immer dasselbe: Setze Dich als Politiker einfach mit den Stammtisch und meckere besonders laut und schrill. Dann merkt vielleicht niemand, dass Du über Dich selbst meckerst.

In Baden-Württemberg fordert die CDU eine ganze Menge, unter anderem mehr Sachleistungen, gerade für abgelehnte Asylbewerber. Wenn sie das wirklich wollte, könnte sie das haben, denn darüber bestimmen die Bundesländer und die CDU regiert hier in Baden-Württemberg mit. Andere CDU-Forderungen kann aber weder Deutschland noch gar Baden-Württemberg alleine umsetzen, wieder andere Forderungen laufen ins Leere oder haben rechtlich keine Chance. Aber Populismus heißt nicht Probleme lösen.

Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ steht nicht im Verdacht, ein linkes Medium zu sein. Doch in der jüngsten Ausgabe geht die Redaktion dem Mythos der „Pull-Faktoren“ nach: Geflüchtete wollten deswegen nach Deutschland, weil die Versorgung hier so gut sei. Versorge man die Menschen schlechter, kämen auch weniger. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ wollte dafür Belege sammeln – auch und gerade bei der besonders lautstarken CDU-Landtagsfraktion aus Baden-Württemberg. Doch Belege hatte niemand, auch die CDU im Stuttgarter Landtag konnte nichts liefern. Denn der „Pull-Faktor“ ist einfach eine Behauptung, noch dazu eine, die in widerlicher Weise Fluchtgründe verdreht: „Ach, in Deutschland gibt es kein Bargeld mehr? Na, dann bleibe ich natürlich hier in der Ukraine und lasse mich von russischen Granaten zerfetzen.“

Auch die SPD hat Papiere zur Migration vorgelegt. Auch in Baden-Württemberg. Und wir haben klargemacht, was es für eine gerechtere Migrationspolitik braucht. Europäische Lösungen, eine deutlich leistungsfähigere Infrastruktur im Land, mehr Plätze in den Erstaufnahmen, mehr Personal. Übrigens gerade auch dafür, abgelehnte Menschen wieder aus dem Land zu bringen. Und für die, hierbleiben dürfen, braucht es etwas, was es in Baden-Württemberg aber sowieso braucht: Mehr Wohnungen. Und eine Chance auf dem Arbeitsmarkt, der so dringend Kräfte nötig hat.

Klar, unsere Positionen haben weniger Schlagzeilen gemacht als der Stuss der Populisten. Aber Sozialdemokratie will nicht im Bierzelt funktionieren. Sondern im Land.

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