Schwäbische Hausfrau

Stochblog

Schwäbische Hausfrau

Es ist ein bissel her, aber ich kann mich erinnern: Bei der Debatte zur ersten Regierungserklärung dieser Legislatur, im Mai 2021, habe ich mich im Landtag über das dümmliche Gleichnis von der „schwäbischen Hausfrau“ geärgert, die angeblich nie mehr Geld ausgibt, als sie hat. Und ich habe gesagt, dass diese Hausfrau ziemlich sicher einen Kredit aufnehmen würde, wenn es Ihr durchs Dach regnet. Dass sie investieren würde. Ich habe auch erklärt, dass ich das sehr gut weiß, weil ich von einer schwäbischen Hausfrau großgezogen wurde. Weiterlesen

Nichtwähler

Stochblog

Nichtwähler

Bei mehr als einem Dutzend Sommerinterviews können auch merkwürdige Fragen vorkommen. Die AfD, so ein Journalist, sei ja in den Umfragen so hoch wie nie. Das bedeute doch, dass die Partei erfolgreichere Politik mache, mehr im Land und bei den Menschen sei. Und dann sollte ich erklären, was die AfD besser könne als die SPD.

Da fiel mir, ehrlich gesagt, nichts mehr ein.

Es ist erstaunlich, wie oft Umfragen mit Wahlen verwechselt werden. Noch erstaunlicher aber ist, wie oft man einfach Quantität mit Qualität verwechselt. Auch wenn man Mist stapelt, heißt es bei mir daheim, wird kein Getreide draus. Und wenn die AfD 20 Prozent statt zehn Prozent hätte, würde sie deswegen trotzdem keine vernünftige Partei. Im Gegenteil, die verblüffende Inhaltsleere der AfD, die je kürzlich nicht einmal im Grundsatz klären konnte, wie sie zu Europa steht, ist das Geheimrezept: Die AfD ist eine leere Leinwand, auf die sich ganz viel projizieren lässt. Eine Partei im Rückwärtsgang, die nirgendwo hinwill und nirgendwo hinkann, die für nichts steht, außer irgendwie ganz doll dagegen zu sein. Sorry, aber auch noch so viel Prozente bei Umfragen ändern daran gar nichts.

Wir haben ein altes Problem in neuer Schärfe. Viele von denen, die früher gar nicht wählten, wollen jetzt die AfD wählen. Aus Frust, aus Enttäuschung, aus Rache, weil sie von der Politik mehr erwarten. Manchmal auch mehr, als man überhaupt erwarten kann, erst Recht in einer weltweiten Krise.

Und ja, dieser Frust bläst eine Partei auf, die einfach nur schlechte Laune spiegelt. Die schon als randständige Kraft ohne jede Verantwortung zutiefst in Grabenkriege verstrickt ist. Die mit Unwahrheiten operiert und politisches Foulspiel betreibt. Die immer weiß, wogegen sie ist, aber nie, wofür.

Demokratie ist mehr als ein billiges Voting mit „Like“ und „Dislike“. Demokratie bedeutet, per Stimmzettel Richtungen zu bestimmen. Wer eine Bewegung wählt, die nicht einmal die eigene Richtung kennt, wählt nicht einmal falsch. Sondern letztlich gar nicht.

Simsalabim

Stochblog

Simsalabim

Bundeswehr-Witze sind in der Regel etwas platt. Dieser hier auch: Beim Manöver müssen Soldaten einen Fluss überqueren. Direkt neben einer Brücke, aber auf der steht das Schild „Brücke gesprengt!“. Alle waten durch eine Furt, hangeln sich über Seile oder fahren auf Panzern durchs Wasser. Doch dann sieht der Oberst ein paar Soldaten, die einfach über die Brücke spazieren. Er saust mit dem Auto hin und brüllt: „Die Brücke ist doch gesprengt! Haben Sie das Schild nicht gesehen?“ Die Soldaten nicken eifrig und halten ein Schild hoch: „Wir schwimmen!“.

Wie komme ich drauf? Ach ja, wegen der tollen Schilder und Plakate der aktuellen baden-württembergischen Landesregierung. Die (und diesen Vorwurf sehe ich einfach immer wieder bekräftigt) hat es statt mit dem Regieren eher mit der Regierungssimulation. Das Land wird also besser, attraktiver und fachkräftelockender, wenn man es auf Plakaten „The Länd“ nennt. Offenbar hofft die Stillstandskoalition auf eine Wirkung wie beim Zaubertrick: Es soll halt so aussehen, als ob. Simsalabim! Weiterlesen

Wohnungsnot: Teufel und Weihwasser

Stochblog

Wohnungsnot: Teufel und Weihwasser

Am Sonntag ist der Mangel an bezahlbaren Wohnungen auf dem Titel einer ebenso renommierten wie sturzkonservativen großen Zeitung angekommen. Die Lage ist inzwischen so schlimm, dass man sie selbst dort nicht mehr übersehen kann.

Umso überraschender das Fazit: Nach einer längeren Analyse, wie es zu der deutschen Wohnungsnot gekommen ist (Verkauf öffentlicher Wohnungen, jahrlanges Wachkoma des Sozialwohnungsbaus), gibt das Blatt zum Besten, es wohnten im Land einfach zu viele ältere Menschen in zu großen Wohnungen oder Häusern. Das nehme den Familien den Platz weg.

Der Betrag endet, ohne seine wilde These offen auszusprechen: Es müssen einfach alle wohlhabenden Senioren in kleine Wohnungen umziehen, dann bekommen die jungen Familien den Wohnraum, den sie brauchen. Denn die Villa in Halbhöhenlage in Stuttgart kostet ja keinen Cent mehr als eine Sozialwohnung. Wie wirr ist das? Weiterlesen